Borussia Dortmund hat einen neuen Präsidenten. Dr. Reinhold Lunow wurde von der Mitgliederversammlung des BV Borussia 09 e.V. als Nachfolger von Dr. Reinhard Rauball ins höchste Amt des Vereins gewählt. In Folge einer Satzungsänderung gibt es erstmals einen Ehrenpräsidenten. Er heißt Rauball. Silke Seidel ist als Stellvertreterin des Präsidenten die erste Frau im Präsidium. Außerdem gab sich der BVB einen Grundwertekodex.

Es berichtet Boris Rupert

Mit stehenden Ovationen und mehrfach minutenlangem Beifall wurde Dr. Reinhard Rauball von den anwesenden 989 der insgesamt 168.163 BVB-Mitglieder – darunter u.a. auch die Profifußballer und Handballerinnen – für sein Lebenswerk gefeiert. Der 75-Jährige stand insgesamt 23 Jahre an der Spitze des Ballspielvereins, seit 2004 durchgängig. Da so viele Wahlen und Abstimmungen auf der Tagesordnung standen wie selten zuvor, dauerte die Mitgliederversammlung 2022 kapp fünf Stunden. Sie war von großer Harmonie geprägt.

99,5 Prozent der Ja-Stimmen erhielt Dr. Reinhold Lunow bei seiner Wahl. Der 69-Jährige ist damit der 18. Präsident in der Geschichte von Borussia Dortmund. „Ich trete in große Fußstapfen“, sagte der in Bornheim bei Bonn lebende Mediziner, der in Hemer und damit vor den Toren Dortmunds aufgewachsen „und seit Kindertagen BVB-Fan“ ist. Von 2005 bis 2021 war er Schatzmeister des BVB, von 2021 bis 2022 Stellvertreter des Präsidenten.

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„Borussia Dortmund ist sehr viel mehr als Fußball-Bundesliga“, betonte KGaA-Chef Hans-Joachim Watzke, der „nach drei Jahren im Krisenmodus“ die bereits bekannten Geschäftszahlen der Profisparte kommentierte, von einem negativen Abschluss sprach, „gegen den wir aber nicht anarbeiten konnten, da wir im vergangenen Geschäftsjahr nur ein Drittel unserer Tickets verkaufen durften.“ In der Corona-Krise hat Borussia Dortmund insgesamt über 150 Millionen Euro eingebüßt, die Pandemie jedoch „auf stabilem Fundament überlebt. Dass wir keinen Euro Finanzverbindlichkeiten haben, macht uns stolz. Und wir mussten niemanden entlassen oder in Kurzarbeit schicken.“ Vor dem Hintergrund der Energiekrise kündigte Watzke in diesem Bereich Einsparungen von 15 bis 20 Prozent an.

Der eingetragene Verein hat im zurückliegenden Geschäftsjahr 9,7 Millionen Euro eingenommen und damit einen Überschuss in Höhe von 110.000 € erwirtschaftet (Vorjahr: 12.000 €). Schatzmeister Bernd Möllmann freute sich nicht nur über schwarze Zahlen, sondern über nun 1000 Fanclubs, „davon 200 im Ausland, auch das unterstreicht die Strahlkraft unseres Vereins.“ Möllmann kündigte im Sinne der Nachhaltigkeit einen künftig 09 Jahre gültigen Mitgliedsausweis an. Auch der e.V. ist schuldenfrei. Der Vorstand wurde einstimmig entlastet.

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Um 14.26 Uhr trat Reinhard Rauball letztmals ans Rednerpult. Er bedankte sich „bei allen Mitstreitern, die auch in schier aussichtlos erscheinenden Situationen an meiner Seite standen“. Mit einem Augenzwinkern blickte er zurück auf das Jahr 1979, den Beginn seiner ersten Amtszeit: „Hätte ich da gewusst, was in den folgenden Jahren und Jahrzehnten auf mich zukommt, hätte ich mich vorsichtiger ausgedrückt“, als der BVB seinerzeit auf der Suche nach einem Nachfolger für Heinz Günther war. „Ich machte eine unbedachte Bemerkung: Wenn Sie aber keinen finden, können Sie ja nochmal vorbeikommen…“ Rauball erinnerte ans Jahr 2004, „die Stunde der größten Gefahr für die Existenz unseres Vereins. Wir haben in den Abgrund gesehen, wir hatten unser Schicksal nicht mehr in der eigenen Hand, aber wir sind zurückgekommen durch harte Arbeit, durch Leidenschaft, durch die Rückbesinnung auf die Werte des BVB.“ In Rauballs Amtszeit fielen dann zwei Meisterschaften, drei Pokalsiege – „und ja, wir standen einmal im Endspiel um die Champions League. Heute kann ich beruhigt schlafen. Der BVB wird nicht mehr mit wirtschaftlichen Notlagen in Verbindung gebracht, sondern er ist ein Verein, der für Leidenschaft, Stimmung, Spektakel und für Erfolge steht. Ich empfinde es als großes Glück, das schönste Amt, das es im Fußball gibt, nämlich Präsident von Borussia Dortmund gewesen zu sein, so lange ausüben zu dürfen.“

Minutenlang feierten die 989 anwesenden Mitglieder den scheidenden Präsidenten, sie votierten fast einstimmig (fünf Enthaltungen) für Dr. Reinhold Lunow als Nachfolger. Silke Seidel (60) wurde zur Stellvertreterin gewählt. Auf sie entfielen 959 Ja-Stimmen (22 Enthaltungen, acht Gegenstimmen). Neu im Ältestenrat, der einstimmig (wieder-)gewählt wurde, ist Ex-Profi Günter Kutowski.

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Erstmals wählte eine Mitgliederversammlung – nach vorheriger Abstimmung über eine Satzungsänderung – in Dr. Reinhard Rauball einen Ehrenpräsidenten. Wirksam wird die Wahl mit Eintrag der Satzungsänderung in das Vereinsregister. Zudem stimmte die Versammlung dem Grundwertekodex zu. Lunow sprach von einem „Meilenstein in der Geschichte unseres Vereins“.