Edin Terzic, 38 Jahre alt, ist seit 13. Dezember 2020 neuer Cheftrainer. Wie liefen seine ersten Tage mit der Mannschaft? Welche Pläne verfolgt er? Wer sind seine Unterstützer? 

Regenerationstraining. Abschlusstraining. Spiel.
Regenerationstraining. Abschlusstraining. Spiel.
Regenerationstraining. Frei. Abschlusstraining. Spiel. Kurzurlaub.

Zeit, auf die Mannschaft einzuwirken, mit ihr auf dem Trainingsplatz im mannschaftstaktischen Bereich zu arbeiten, hatte der bisherige Co-Trainer Edin Terzic zwischen Amtsantritt und kurzer Weihnachtspause gar keine. Erst bei der Vorbereitung auf das Heimspiel am 3. Januar gegen den VfL Wolfsburg hatte der neue Cheftrainer erstmals fünf volle Trainingstage zur Verfügung. Die Zeit wurde intensiv wie pragmatisch genutzt. „Ich kann die Mannschaft nicht mit neuen Inhalten zuwerfen“, erklärt Terzic, der eben nicht im Hauruckverfahren einen anderen Spielstil implementieren will, sondern pragmatisch denkt: „Diese Mannschaft hat so viel Gutes gezeigt in den vergangenen zweieinhalb Jahren. Wir wollen, dass sie sich an ihre Stärken erinnert und diese wieder gemeinsam auf dem Platz zeigt.“  

Wer ist Edin Terzic?

Als Sohn bosnisch-kroatischer Eltern kam Edin Terzic am 30. Oktober 1982 in Menden (Sauerland) zur Welt, schloss das Gymnasium mit dem Abitur ab und war in den Jugendmannschaften ein veritabler Torjäger. Für die Sportfreunde Oestrich-Iserlohn (heute FC Iserlohn), Wattenscheid 09, BV Cloppenburg und Westfalia Herne brachte er es auf 189 Spiele (23 Tore) im gehobenen Amateurbereich. „Es hat sich jedoch früh herauskristallisiert, dass ich einer von den 99 Prozent bin, die es nicht bis nach ganz oben schaffen.“  

An der Ruhr-Universität Bochum studierte Terzic Sportwissenschaften und wurde 2010 von seinem früheren Studienkollegen, dem BVB-Nachwuchstrainer Hannes Wolf (heute DFB-U18-Nationalcoach), zur Borussia gelotst, wo er eine halbe Stelle als Co-Trainer im Nachwuchsbereich sowie eine halbe Stelle als Scout besetzte. Schon damals lautete sein Credo: „Ich möchte nicht zur Arbeit gehen, ich möchte zum Training gehen.“  

Von 2013 bis 2017 arbeitete Terzic als Assistent des vormaligen kroatischen Nationaltrainers Slaven Bilic zunächst bei Besiktas Istanbul (2013-2015), anschließend bei West Ham United (2015-2017). 2018 kehrte er zu Borussia Dortmund zurück. Hier sollte er sich seitdem im Stab des jeweiligen Cheftrainers einbringen. Mit seinem Know-how, seiner Phantasie beim Aufbau des täglichen Übungsprogramms und nicht zuletzt seiner Empathie verschaffte er sich rasch Respekt und Anerkennung bei den Profis. „Ich bin ein Produkt von Borussia Dortmund“, sagt er über sich: „Ich komme aus der Region, bin seit Ewigkeiten Fan dieses Vereins und darf seit zehn Jahren für den Verein – mit einer kurzen Unterbrechung – tätig sein.“ 

Terzic ist seit 2013 verheiratet und hat mit seiner Frau Kora (36) zwei Töchter (drei und fünf Jahre alt). 

Welche Ideen verfolgt Terzic?

„Die Spieler dürfen ihn weiter duzen. Ebenso darf jeder wissen, dass er seit Kindheitstagen BVB-Fan ist und aktuell einen Traum lebt, den er sich nie zu träumen gewagt hatte. Er bleibt einfach Edin. Und das kommt gut an in einer Stadt wie Dortmund, in der bodenständige Arbeiter noch immer geschätzt werden“, schreibt der kicker über den neuen Chef, der nicht viel Aufhebens macht um sich und seine Position: „Ich bin immer noch gleich groß, gleich alt.“ Terzic beschreibt seine Idee vom Fußball kurz und knackig: „Es gibt zwei Arten, wie man ein Fußballspiel gewinnen kann: indem man versucht, ein Tor weniger zu kassieren als der Gegner – oder indem man ein Tor mehr schießt.“ Welche These Terzic‘ Favorit ist, wurde bei der Lektüre der Aufstellungen bei den ersten drei Pflichtspielen vor Weihnachten deutlich, als er jeweils fünf Offensivkräfte nominierte. 

Über seine neue Rolle sagt er: „Als Co-Trainer ist man eher der Ideengeber, ab und zu der Fragesteller, und man redet häufig im Konjunktiv. Jetzt geht es darum, Dinge zu entscheiden.“ 

Wo will Terzic ansetzen?

„Es ist deutlich geworden, dass wir die Leichtigkeit, die Magie verloren haben.“ Plötzlich seien der Mannschaft „Dinge schwerer gefallen, die zu Anfang der Saison deutlich einfacher waren. Man kann nicht sagen: Spielt selbstbewusster, spielt mutiger. Und sie machen das dann einfach. Das geht nicht auf Knopfdruck. Wir müssen gemeinsam einen Weg finden.“ 

Wer sind seine Unterstützer?

Der bisherige U17-Trainer Sebastian Geppert (37) sowie „Talente-Trainer“ Otto Addo (45) komplettieren den neuen Trainerstab. „Sebastian hat hier im NLZ sehr gute Arbeit geleistet, ist ein Dortmunder Junge und soll frischen Wind in Form von Mut mit einbringen“, sagt Terzic über seinen langjährigen Freund Geppert: „Wir haben zusammen Fußball gespielt, wir haben zusammen trainiert, wir haben hier zusammengearbeitet. Dementsprechend ist ein großes Vertrauensverhältnis da.“ 

Geppert, am 11. Januar 1984 in Wanne-Eickel geboren, spielte unter anderem für die SG Wattenscheid 09 und den DSC Wanne-Eickel in der Regionalliga. Seit 2013 arbeitet er als Jugendtrainer für Borussia Dortmund. Hier übernahm er 2016 die U17, führte sie 2018 zur Deutschen B-Jugendmeisterschaft und ein Jahr später zur Vizemeisterschaft. Unter seiner Anleitung entwickelten sich Top-Talente wie Luca Unbehaun, Tobias Raschl, Ansgar Knauff – und Youssoufa Moukoko, der unter Terzic/Geppert in Bremen sein Startelf-Debüt bei den Profis feierte. „Dass Youssoufa sein erstes Bundesliga-Spiel von Beginn an gemacht hat, als ich zum ersten Mal auf der Bank saß, ist fast wie im Märchen“, meint Geppert, der sich eine Aussage von Jürgen Klopp zum Vorbild genommen hat: „Die Lust aufs Gewinnen muss größer sein als die Angst vorm Verlieren.“ Mit dieser Einstellung fuhren Gepperts U17-Mannschaften in 107 Partien 253 Punkte ein. 

Otto Addo war 1999 eine der ersten Verpflichtungen des damals noch neuen Sportdirektors Michael Zorc. Der Angreifer absolvierte bis 2005 insgesamt 98 Spiele (16 Tore) für den BVB, mit dem er 2002 Deutscher Meister wurde. Nachhaltig in Erinnerung ist das UEFA-Pokal-Spiel im September 2003 in Wien, als er mit gerissenem Kreuzband ein Traumtor erzielte, das in der ARD zum „Tor des Jahres“ gewählt wurde. Nach Trainerstationen beim Hamburger SV (U19), FC Nordsjælland (Co-Trainer) und Borussia Mönchengladbach, hier als Trainer im Übergangsbereich vom Nachwuchs zu den Profis, kehrte er 2019 in ähnlicher Funktion zum BVB zurück. Sein wichtigster Lehrsatz an die Adresse seiner Eliteschüler lautet: „Du musst nicht nur ein bisschen, sondern ein ganzes Stück besser sein wollen als dein Konkurrent.“ 

Was erwartet der Verein?

„Wir glauben, dass die Mannschaft eine neue Art der Ansprache benötigt, um den Dreh nach oben zu schaffen. Edin ist ein ausgewiesener Fachmann, ein positiver Typ, der ein gutes Gespür für den Umgang mit Spielern mitbringt und die nötige Emotionalität an den Tag legt, die es bei Borussia Dortmund braucht“, erklärt Sportdirektor Michael Zorc. Der neue Cheftrainer soll die Mannschaft stabilisieren, zurückführen zur Form und Verfassung der ersten – sehr erfolgreichen – Wochen in dieser Saison und mit ihr Platz vier (oder besser) und damit die Teilnahme an der UEFA Champions League erreichen. Was danach kommt, ist – Stand heute – offen. Zorc spricht von einem „Vertrag erstmal bis Sommer 21“ und fügte am Tag des Trainerwechsels hinzu: „Wir haben mindestens 26 Pflichtspiele bis dahin, Ich hoffe, es werden mehr. Was dann im Sommer ist, ist weit weg.“

Boris Rupert