Ende März hieß es für 18 Jugendliche aus Dortmund und Umgebung „Taschen packen“. In Kooperation mit dem Fan-Projekt Dortmund fuhr das Team der Jugendangebote des BVB zu einer besonderen Auswärtsfahrt nach München.

Schon am Freitagmorgen setzten sich drei Bullis vom SIGNAL IDUNA PARK in Bewegung. Ihr Ziel: München. Doch das Wochenende stand nicht nur im Fokus des Bundesliga-Spiels gegen den FC Bayern München. Es wartete ebenso eine Reise in die dunkelsten Jahre der deutschen Geschichte.

Das ehemalige Konzentrationslager Dachau wurde zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten genutzt, um zunächst politische Gegner einzusperren. Mit zwölf Jahren durchgehendem Betrieb ist das KZ in Dachau das am längsten betriebene Konzentrationslager während der NS-Zeit. Am Samstag vor dem Spiel kam die Jugendgruppe in Dachau zusammen, um mehr über die Gräueltaten der Nationalsozialisten und deren Opfer zu erfahren.

Der ehemalige Dachauer Diakon Klaus Schultz, der 23 Jahre lang die Erinnerungsarbeit in der KZ-Gedenkstätte Dachau entscheidend mitgeprägt hatte, führte die Gruppe exklusiv über das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers. Dabei verband Schultz die beiden Welten Fußball und Nationalsozialismus immer wieder miteinander, indem er Beispiele wie das des ehemaligen Präsidenten des FC Bayern, Kurt Landauer, aufzeigte, der wie mehr als 200.000 weitere Menschen in Dachau inhaftiert war.

Landauer, der aufgrund seines jüdischen Glaubens von den Nazis verfolgt worden war, konnte dem KZ entkommen und sich in die Schweiz absetzen, während über 41.500 Menschen das Lager nicht mehr lebend verließen.

Auch viele Menschen aus Dortmund wurden nach Dachau deportiert. Diese Personen waren zuvor meistens Häftlinge in der Steinwache, wo in der NS-Zeit mehr als 66.000 Menschen festgehalten und vielfach durch die Gestapo misshandelt wurden. Heute fungiert die Steinwache als Mahn- und Gedenkstätte und bietet unter anderem Führungen durch das Haus. Jeden ersten Sonntag im Monat findet um 14:30 Uhr eine kostenfreie Führung durch die Steinwache statt, darüber hinaus gibt es jeden dritten Sonntag im Monat eine Stadtführung zum Thema „Dortmund und der Holocaust“.

In der Steinwache begannen auch eine Woche vor der Auswärtsfahrt die Vorbereitungen für die Fahrt nach Dachau. Um sich bereits vorab auf den Besuch der KZ-Gedenkstätte einzustellen, fand dort wie im Vorjahr ein Vorbereitungstreffen statt, das durch die Steinwache inhaltlich vorbereitet worden war. Schon dort erfuhren die Jugendlichen viel über die Zeit des Nationalsozialismus und über den Zusammenhang zwischen Polizeigefängnissen wie der Steinwache und Konzentrationslagern wie dem in Dachau.

„Ich kann einen Besuch in der Steinwache Dortmund nur empfehlen“, so der 16-jährige Luke Herlitschke, der bereits zum zweiten Mal an der Fahrt teilnahm. „Orte wie die Steinwache geraten trotz ihrer Wichtigkeit viel zu häufig in Vergessenheit, daher war der Vorbereitungstermin von großer Relevanz für mich. Auch bei meinem zweiten Besuch in Dachau hatte ich ein mulmiges Gefühl, bei all den brutalen und unmenschlichen Verbrechen, die an diesem Ort begangen wurden.“

Bereits zum dritten Mal fuhr Borussia Dortmund gemeinsam mit dem Fan-Projekt mit einer Jugendgruppe nach Dachau. „Im Rahmen der Angebote der Jugendfanarbeit möchten wir regelmäßig den Bezug zu gesellschaftlich relevanten Themen herstellen und auch hier unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung als Borussia Dortmund gerecht werden. Mit dem Stadionbesuch und dem Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau konnten wir genau das tun. Zum einen die Jugendlichen für ein gesellschaftspolitisches Thema sensibilisieren und dies zum anderen mit einem Spielbesuch des BVB verknüpfen“, so Jannis Kruck (BVB-Jugendangebote).

Laura Brand vom Fan-Projekt Dortmund ordnet die Fahrt nach München ein: „Es bietet sich einfach an, die Leidenschaft als Fan auf der Tribüne auch mit erinnerungspolitischen Themen zu verknüpfen. Insgesamt sehen wir es als Verantwortung von Akteur*innen im Fußball, immer wieder über Themen wie Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung aufzuklären. Deshalb sind wir sehr froh über die gelungene Kooperation mit dem Team der Jugendangebote von Borussia Dortmund. Sowohl in der Planung als auch in der Durchführung ist die gemeinsame Haltung für eine weltoffene Tribüne und die Freude an der Arbeit mit jungen Menschen spürbar.“